¨C Ein Bericht von Raja-Maria Conradt, Samira Wacker und Arne von Boetticher

Im Rahmen des Reallabors "Was hat die EU mit Sozialer Arbeit zu tun?" machten wir uns Ende April 2022 zu acht zusammen mit Prof. von Boetticher auf den Weg nach Br¨¹ssel. Ziel der Exkursion war es, Akteur*innen der europ?ischen Sozialpolitik zu treffen, um das Konzept EU und den Einfluss von diesem "Scheinriesen" auf die Profession Soziale Arbeit besser zu verstehen. Zudem ging es darum, N?heres zur sogenannten S?ule der Sozialen Rechte und zum Aktionsprogramm der EU zur Umsetzung der dort gesteckten Ziele zu erfahren. Wir lernten NGOs, die Vertretung des Landes Brandenburg und eine EU-Parlamentarierin kennen, besuchten die R?umlichkeiten des EU-Parlaments und konnten das politische Leben in Br¨¹ssel f¨¹r ein paar Tage miterleben.

Besuche im Parlamentarium und bei Organisationen

Der erste Programmpunkt war ein Besuch im Parlamentarium. In der Ausstellung wird ¨¹ber die Entstehung der EU berichtet und es werden historische Schl¨¹sselmomente in Europa der letzten Jahrzehnte gezeigt. Es war spannend, sich vor Augen zu f¨¹hren, wie Schl¨¹sselmomente der europ?ischen Einigung letztlich auf das Engagement insbesondere einiger weniger Personen zur¨¹ckzuf¨¹hren sind.

Den ersten Besuch bei einer Organisation haben wir FEANTSA abgestattet, einer Nichtregierungsorganisation (NGO) und Dachorganisation von ¨¹ber 120 nationalen Organisationen im Bereich der Wohnungslosenarbeit. Ihr Ziel ist es, Wohnungslosigkeit in Europa bis 2030 zu beenden. Wir konnten hier mehr ¨¹ber die verschiedenen Schwerpunkte der Wohnungslosenhilfe und deren Organisation auf EU-Ebene lernen, au?erdem gab es Informationen ¨¹ber neuere Ans?tze, wie zum Beispiel das "Housing First"-Konzept.

Im Anschluss wurden wir bei der "Social Platform" empfangen. ?hnlich wie FEANTSA ist die Social-Plattform eine Dachorganisation, die sich f¨¹r soziale Rechte auf EU-Ebene einsetzt und die Interessen ihrer Mitgliedsorganisationen in Br¨¹ssel vertritt. Unser Gespr?ch mit Alva Fynn, der Generalsekret?rin von Social Platform, verschaffte uns einen beeindruckenden Einblick darin, wie man mit pers?nlichem Engagement und einem TEAM von (nur!) sechs Leuten versucht, Akzente in der EU-Sozialpolitik zu setzen.

In den R?umen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW-EU) arbeiten die Spitzenverb?nde der Freien Wohlfahrtspflege aus Deutschland zusammen, darunter auch der Deutsche Caritasverband. Hier trafen wir am zweiten Tag einen Vertreter der BAGFW-EU und eine Vertreterin der Caritas. Beide Verb?nde mischen sich auf europ?ischer Ebene in die sozial-, bildungs- und gesundheitspolitische Diskussion ein. Ein aktuelles Thema ist ein europ?isches Mindesteinkommen im Sinne eines Existenzminimums in allen Mitgliedstaaten in Abh?ngigkeit von der jeweiligen Wirtschaftsleistung. Die Einmischung erfolgt zum einen auf formalisiertem Weg als Mitglied im Europ?ischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, der sich aus Vertreter*innen aller Bereiche der organisierten Zivilgesellschaft zusammensetzt und beratende Funktion hat. Zum anderen vollzieht sich die Arbeit informell durch die Abgabe von Stellungnahmen, das F¨¹hren pers?nlicher Gespr?che und die Durchf¨¹hrung von bob体育平台官网. Danach st?rkten wir uns mit den oft empfohlenen Fritten im "Maison Antoine", wo u. a. schon unsere Bundeskanzlerin a. D. Kundin war, und erkundeten wahlweise das Haus der Europ?ischen Geschichte oder die Br¨¹sseler Innenstadt.

Der dritte Tag begann mit einem Besuch der Vertretung des Landes Brandenburg bei der EU. Im Gespr?ch mit dem Leiter der EU-Vertretung und zwei seiner Mitarbeitenden wurde uns allen deutlicher, wie Gesetzgebungsverfahren zwischen Kommission, EP und Rat, also im EU-Kontext, ablaufen und welche Rolle eine einzelne Landesvertretung dabei spielt.

Besuch des Europ?ischen Parlaments

Abschlie?ender H?hepunkt war ein Besuch innerhalb des Europ?ischen Parlaments (EP). Dort trafen wir zusammen mit MEP (Mitglied des Europ?ischen Parlaments) Gabriele Bischoff (SPD). Zwischen zwei Terminen erz?hlte sie von ihrem Werdegang, ihren inhaltlichen Schwerpunkten und ihrer t?glichen Arbeit im Parlament. Danach war noch ein wenig Zeit f¨¹r unsere Fragen und ihre Sicht auf die Rolle sozialer Themen im EP. Zwei Mitarbeiterinnen von Frau Bischoff begleiteten uns durch das Haus und dessen Sicherheitsschranken. Bei einem Erholungsgetr?nk in der hausinternen "Mickey Mouse Bar" bekamen wir interessante Einblicke, wie man zur bzw. zum Mitarbeiter*in f¨¹r eine MEP wird und wie die Abl?ufe in einem Abgeordnetenb¨¹ro sind.

Im Anschluss konnten wir an einer Sitzung des EMPL Ausschuss (Ausschuss f¨¹r Besch?ftigung und soziale Angelegenheiten) teilnehmen und EU-Politik in Echtzeit miterleben. Themen waren die "Anpassung der Bestimmungen f¨¹r Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in Zeiten der COVID-19-Pandemie" und die soziale Absicherung von Lastwagenfahrer*innen im grenz¨¹berschreitenden Fernverkehr und die Arbeit der Europ?ischen Arbeitsbeh?rde (ELA) zur Kontrolle dessen. Es war f¨¹r uns der richtige Abschluss und hat alles greifbarer gemacht. Als letzten Programmpunkt stand eine F¨¹hrung durch den Plenarsaal an, bei der besonders die unglaublich anspruchsvolle Arbeit der ?bersetzer*innen Eindruck hinterlassen hat.

Am spannendsten und inspirierendsten fand ich den Besuch im Sozialausschuss des EP, da ich dort zum ersten Mal Politik hautnah miterleben konnte und sehen konnte, wie Debatten und Entscheidungen gef¨¹hrt werden, die unser allt?gliches Leben betreffen (k?nnten).¡°

¨C Teilnehmende Person der Exkursion

Die Fahrt nach Br¨¹ssel war eine aufschlussreiche und spannende Fahrt. Auch au?erhalb der Programmpunkte redeten, lachten und diskutierten wir die meiste Zeit ¨¹ber unsere Eindr¨¹cke, Meinungen und ganz vorne weg: das politische Mandat der Sozialen Arbeit.

 Ich unterst¨¹tzte schon seit langem die These, dass die Soziale Arbeit ein politisches Mandat inneh?lt und habe es sehr positiv wahrgenommen, dass der Fokus der Reise sowie der Output der Menschen, die wir dort kennengelernt haben, dies ebenfalls best?tigten.¡°

¨C Teilnehmende Person der Exkursion

Dazwischen blieb ein bisschen Zeit Belgische Waffeln und Belgisches Bier zu probieren und als wir Freitag fr¨¹h zum Zug hetzen mussten, w?ren wir alle gern noch ein oder zwei Tage l?nger geblieben. Als Eindruck bleibt, dass das anfangs von uns eher bel?chelte Banner am Europaparlament ?Come in and make your Voice heard¡° nach unserem Erleben ernst gemeint und gelebt wird. Die Aktuer*innen vor Ort waren interessiert daran, unsere Interessen und Sichtweisen zu erfahren, und davon zu berichten, wie sich Interessen in die EU (Sozial-)Politik einbringen lassen.