R¨¹ckblickend auf 30 Jahre Weiterbildung an der FHP: Welche strategischen Entscheidungen oder Weichenstellungen waren aus Ihrer Sicht besonders pr?gend f¨¹r die heutige Ausrichtung des Bereichs?

In meiner Zeit als Vizepr?sident f¨¹r die Weiterbildung fiel nach einer externen Begutachtung die strategische Entscheidung: Die Zentrale Einrichtung Weiterbildung (ZEW) bleibt fest an der FH Potsdam verankert. Wir haben uns damit bewusst gegen eine Ausgliederung in eine GmbH oder ?hnliche Rechtsform entschieden ¨C ein Weg, den viele andere Hochschulen gegangen sind. Der entscheidende Gedanke: Wir wollten lebenslanges Lernen als integrativen Bestandteil der Hochschule st?rken, nicht als getrennten Bereich.

Wie sehen Sie die Rolle der wissenschaftlichen Weiterbildung im Zusammenspiel mit dem regul?ren Studium ¨C und welche Chancen ergeben sich aus einer engeren Integration beider Bereiche?

In einer Wissensgesellschaft muss sich das Wissen aller Berufst?tigen kontinuierlich aktualisieren und wir kommen deswegen immer mehr zu einem Nebeneinander von Berufst?tigkeit und akademischer Aus- bzw. Weiterbildung. Das entspricht auch einfach der Lebenswirklichkeit der heutigen Studierenden. Aus unseren Befragungen wissen wir, dass praktisch alle neben dem Studium arbeiten, und oft sind es nicht mehr die klassischen Nebenjobs, sondern qualifizierte T?tigkeiten in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Studium. Dem m¨¹ssen wir gerecht werden, indem wir st?rker als bisher berufsbegleitende wissenschaftliche Weiterbildung in einem Baukastensystem als Teil eines k¨¹nftigen Studienabschlusses betrachten.

Inwiefern kann und sollte Weiterbildung dazu beitragen, gesellschaftliche Transformationsprozesse ¨C wie Digitalisierung, demografischen Wandel oder Fachkr?ftemangel ¨C aktiv mitzugestalten?

Die Gegenfrage lautet: Wie soll Transformation ohne Weiterbildung ¨¹berhaupt gelingen? Wenn sich Technologien und gesellschaftliche Anforderungen immer schneller entwickeln, k?nnen Kompetenzen nicht auf dem Stand bleiben, den man einst in Ausbildung oder Studium erworben hat. Weiterbildung ist der Schl¨¹ssel, um Schritt zu halten ¨C und aktiv mitzugestalten.

Welche strukturellen oder institutionellen Ver?nderungen halten Sie f¨¹r notwendig, um akademische Weiterbildung langfristig zukunftsf?hig und anschlussf?hig an internationale Entwicklungen zu gestalten?

Der flie?ende ?bergang zwischen berufsbegleitender wissenschaftlicher Weiterbildung und Studium stellt uns vor gro?e organisatorische Herausforderungen. Noch immer basiert das Studium oft auf der Annahme einer Vollzeitt?tigkeit ¨C acht Stunden am Tag, f¨¹nf Tage die Woche. Das entspricht jedoch l?ngst nicht mehr der Realit?t von ¨¹ber 90 Prozent unserer Studierenden. Gleichzeitig darf die notwendige Flexibilisierung nicht dazu f¨¹hren, dass die zentralen Qualit?ten eines Studiums verloren gehen: der gesch¨¹tzte intellektuelle Raum und die pers?nliche, gemeinschaftliche Entwicklung. Diesen Zielkonflikt m¨¹ssen wir an der Hochschule aktiv gestalten.

Wenn Sie an die n?chsten 10 bis 15 Jahre denken: Welche Vision verfolgen Sie f¨¹r die wissenschaftliche Weiterbildung an Hochschulen ¨C und was m¨¹sste heute daf¨¹r angesto?en werden?

Die Hochschule wird sich von einer Begleiterin f¨¹r einen Lebensabschnitt zu einer lebenslangen Bildungsbegleiterin entwickeln. Wissenschaftliche Weiterbildung erm?glicht es, ¨¹ber Jahre hinweg Schritt f¨¹r Schritt einen vollwertigen Studienabschluss zu erwerben. Daf¨¹r m¨¹ssen wir heute die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Weichen stellen ¨C ohne den Wert der akademischen Gemeinschaft, die ein klassisches Studium ausmacht, zu verlieren.

Was w¨¹nschen Sie der Zentralen Einrichtung Weiterbildung (ZEW) f¨¹r die Zukunft ¨C im Hinblick auf ihre Rolle innerhalb der Hochschule, ihre Ausstrahlung nach au?en und ihre Weiterentwicklung in den kommenden Jahren?

Ich w¨¹nsche der ZEW, dass sie weiter so erfolgreich bleibt wie in den vergangenen Jahren. Sie soll ihren Weg von einer Verwalterin von Weiterbildungsangeboten hin zu einer agilen, innovationsfreudigen Taktgeberin mutig fortsetzen ¨C mit neuen Angeboten, die den Puls der Zeit treffen und die Hochschule nach innen wie au?en st?rken.

 

Das Interview f¨¹hrte Mustafa Turna