Pressemitteilung
Grundlagenforschung am Hochbrandgips-Estrich der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg (Saale)

In der Klosterkirche St. Marien und Cyprian in Nienburg (Salzlandkreis) hat sich ein ganz besonderes sp?tromanisches Kleinod in Form eines reich dekorierten Hochbrandgips-Estrichbodens erhalten. Bereits 1926 entdeckt, gab es in der Vergangenheit mehrere Versuche der Restaurierung und Pr?sentation dieses herausragenden Befundes. Aktuell werden durch Studierende der Fachhochschule Potsdam (Studienrichtung Konservierung und Restaurierung – Fachrichtung Stein) im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Arch?ologie Sachsen-Anhalt und in enger Abstimmung mit der evangelischen Kirchgemeinde Nienburg Werktechnik, m?gliche Reinigungsverfahren und Pr?sentationskonzepte im Kirchenraum erarbeitet. Am 25. Februar 2025 wurden erste Ergebnisse vor Ort vorgestellt.
Hintergrund: Die Klosterkirche St. Marien und Cyprian
Die ehemalige Klosterkirche St. Marien und Cyprian ist eine gotische Hallenkirche mit sp?tromanischen Bauteilen. Sie war ursprünglich Teil eines Benediktinerklosters, das zun?chst 970 in Thankmarsfelde gegründet und bereits 975 nach Nienburg an den Zusammenfluss von Bode und Saale verlegt wurde. Der 1004 geweihte Ursprungsbau der Kirche wurde bereits 1024 zerst?rt, ein von 1042 bis 1060 errichteter Nachfolgebau ist durch arch?ologische Ausgrabungen nachgewiesen. Ab 1242 erfolgte ein Neubau unter Einbeziehung einiger Teile der Vorg?ngerkirche, dessen Bauformen sich deutlich am Vorbild des Mindener Domes und der Elisabethkirche in Marburg orientieren. In der Folgezeit noch mehrmals umgebaut, handelt es sich bei der Klosterkirche St. Marien und Cyprian um ein überregional bedeutendes Dokument gotischer Architektur. Angesichts der wechselvollen Geschichte des Baus ist es umso bemerkenswerter, dass sich hier ein ganz besonderes sp?tromanisches Kleinod in Form eines reich dekorierten Hochbrandgips-Estrichbodens erhalten hat.
Der sp?tromanische Hochbrandgips-Estrich
Bereits 1926 wurden bei Ausgrabungen Fragmente eines in Inkrustationstechnik ausgeführten, sp?tromanischen Schmuckfu?bodens aufgefunden, der sich ursprünglich im Bereich des Vorchores des Vorg?ngerbaus über der Krypta befand. Die Rekonstruktion des Bildprogrammes ist schwierig, da die Einzelfragmente nur einen geringen Teil der Gesamtfl?che ausmachen. Im Zentrum steht ein Medaillon mit der Darstellung K?nig Salomons, umgeben von den vier Kardinaltugenden (Gerechtigkeit, M??igung, Tapferkeit und Weisheit) und antiken Autoren, die ebenfalls in Medaillons und mit Figurenbeischriften wiedergegen sind. Zudem sind Tiere und Fabelwesen, stilisierte Bl?tter und Rauten erkennbar. Die gesamte Darstellung ist von einem etwa einen Meter breiten Einfassungsstreifen umschlossen. Die Fragmente des um oder kurz nach 1200 entstandenen Schmuckfu?bodens sind ein bedeutendes Werk der s?chsischen Kunst der Sp?tromanik. In Sachsen-Anhalt ist einzig der Boden in der Klosterkirche Ilsenburg (Landkreis Harz) mit den Funden aus Nienburg vergleichbar.
1962/63 wurden einige Teile des geborgenen Hochbrandgips-Estrichs durch den Magdeburger Bildhauer Heinrich Apel in Gips eingebettet und zur musealen Pr?sentation ins Bernburger Museum verbracht. Heute werden einige Fragmente der Inkrustationen in der Kirche ausgestellt.
Grundlagenforschung zum Nienburger Hochbrandgips-Estrich
Um den wichtigen Befund für das Land Sachsen-Anhalt zu sichern und auch in Form einer angemessenen Pr?sentation in Wert zu setzen, haben das Landesamt für Denkmalpflege und Arch?ologie Sachsen-Anhalt und die Fachhochschule Potsdam ein Kooperationsprojekt unter dem Titel ?Grundlagenforschung zum Nienburger Gipsestrich, Werktechnik, Vermittlung anhand von Arbeitsproben und Erarbeitung einer Pr?sentation im Kirchenraum? initiiert. Zun?chst wurde die Herstellungstechnik des Estrichs untersucht, bei dem es sich um Hochbrandgips mit Inkrustationen handelt. Aufbauend auf den Ergebnissen wurden in einer Testreihe schonende Reinigungstechniken untersucht und an allen vorhandenen Bruchstücken zur Anwendung gebracht. Zudem wurde eine neue Systematik zur Erfassung und Lagerung der Fragmente entwickelt. Zukünftig soll eine Ausstellung in der Kirche über den bedeutenden Befund und seine Erforschung informieren. Schautafeln sollen unter anderem die unterschiedlichen Inkrustationen und Motive des Fu?bodens abbilden und zur Veranschaulichung der verwendeten Technologien dienen.
Kontakt
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