Wieso wolltest du ein Auslandssemester machen?

Schon w?hrend des Studiums in Potsdam habe ich gemerkt, dass ich von der entwurfsgepr?gten Lehre an der FHP ¨¹berzeugt bin und wollte dennoch einen Eindruck gewinnen, ob Forschung und Technologie im Kontext des Entwurfs und St?dtebaus Themen sind, die ich in Zukunft weiter vertiefen m?chte. Gerade im Kontext des nachhaltigen St?dtebaus werden am Politecnico die Milano viele Wahlkurse angeboten, wie die St?dte der Zukunft aussehen sollen. Gleichzeitig wollte ich gerne in eine neue Sprache eintauchen. Mit Grundkenntnissen aus dem Lateinunterricht hatte ich mir Italienisch als realistisches Lernziel gesteckt.

Au?erdem bieten Italien und vor allem Mailand durch das umfangreiche architektonische und kulturelle Erbe, aber auch durch den hohen Bedeutungswert im zeitgen?ssischen Diskurs von Architektur und Gestaltung, einen spannenden Untersuchungsraum, den ich unbedingt kennenlernen wollte. Aber ebenso wollte ich Leute kennenlernen ¨C Italienerinnen und Italiener, internationale Studierende, Freund*innen von Freund*innen, um so einfach einen bunten Austausch zu haben und voneinander zu lernen und sich gegeneinander zu sch?tzen.

Wie hast du dich vorbereitet?

Zu Beginn liefen alle Bewerbungsschritte an der FHP ¨¹ber das Mobility-Online-Portal, bei dem einige formale Daten ausgef¨¹llt wurden. Gleichzeitig l?dt man noch Lebenslauf, Motivationsschreiben und Sprachnachweis hoch. Ich hatte bis dahin keine Sprachkenntnisse, habe deshalb aber im Sommersemester den Sprachkurs von der FHP mit der VHS besucht. Direkt mit dem A2-Niveau anzufangen war aber doch etwas ¨¹berm¨¹tig, deshalb h?tte ich wohl von Grund auf mit A1 anfangen sollen. 

Mitte M?rz etwa gab es die Best?tigung von der Partnerhochschule, dass man im ersten Bewerbungsschritt angenommen wurde. Darauf waren ebenfalls ein paar pers?nliche Daten hochzuladen sowie ein Portfolio einzureichen (einfach eine Auswahl mit den eigenen Arbeiten aus den vorherigen Semestern). Im Juni gab es dann die finale Zusage und die ersten Informationsveranstaltungen der Politecnico, die vor allem f¨¹r die Kurswahl wichtig waren. Da muss man sich auf der Website einige Kurse heraussuchen und diese auch mit den Zeiten abgleichen. Die Kurswahl findet dann online statt, bei der man aber wirklich schnell sein muss, damit man auch die gew¨¹nschten Kurse bekommt. Ich war nur einige Minuten nach Er?ffnung im Portal und da waren schon einige Kurse ¨¹berbucht, sodass ich dann Kurse hatte, die sich zeitlich ¨¹berschnitten haben. Die Anreise mit dem Zug ist wirklich gut machbar und einfach sch?n waren tags¨¹ber die Alpen.

Wie lief die Wohnungssuche?

Die Wohnungssuche war ein echter Gl¨¹cksfall. ?ber zwei Ecken kannte ich jemanden, die schon einmal in Mailand gelebt hat und auch noch Freund*innen vor Ort hatte. Bei denen ist auch eine Person ins Auslandssemester gestartet, sodass ihr Zimmer frei wurde. Insgesamt waren wir zu dritt, aus Italien, Finnland und Deutschland und auch alle an unterschiedlichen Hochschulen, was wirklich ein sch?ner Ausgleich und Austausch war. Da bin ich wirklich gerne nach Hause gekommen. 

Dennoch ist der Wohnungsmarkt f¨¹r junge Leute und Studierende wirklich eine Herausforderung. Eigentlich findet man nichts unter 500 Euro im Monat und oftmals werden Unterk¨¹nfte angeboten, bei denen dann auch Zusatzzahlungen gefordert werden, die nicht einfach nachzuvollziehen sind. Es lohnt sich auf jeden Fall, fr¨¹hzeitig zu suchen, auch wenn viele Zimmer erst zu Semesterbeginn frei werden.

Wie war es, an der Partnerhochschule zu studieren?

Neben der Einf¨¹hrung f¨¹r die Kurswahl, gab es dann ¨C endlich angekommen ¨C eine Welcome Week, bei der alle Austauschstudierenden begr¨¹?t wurden. Neben Campustour in Kleingruppen und verschiedenen administrativen Einf¨¹hrungen, wurden auch ein paar Sport- und Spielveranstaltungen angeboten, so wie die Ice Breaking Night, wo ich gleich in den ersten Tagen die Uni und neue Leute kennenlernte.

In der darauffolgenden Woche begannen die Lehrveranstaltungen. Meine Kurse waren das Design Studio (auf Englisch), Building Physics (auf Englisch), Produktdesign von M?beln (auf Italienisch) und Klimawandel und hydrologische Resilienz in St?dten (auf Italienisch). Gerade die letzten beiden Kurse waren am Anfang eine echte Herausforderung, aber da habe ich ein paar Leute gefunden, die mir mit Italienisch ausgeholfen und ihre Notizen geteilt haben. Trotzdem haben sich diese beiden Kurse im Laufe als die spannendsten herausgestellt, in denen ich nicht nur gezwungen war, Italienisch zu lernen, sondern auch neue Programme und Inhalte zu untersuchen, die nicht nur unmittelbar mit der Entwurfslehre zu tun haben. Der Entwurf war jedoch etwas entt?uschend, da der Austausch sowohl mit Lehrenden als auch unter den Studierenden im Laufe des Semesters etwas eingeschlafen war. 

Sehr zu empfehlen ist der freiwillige Italienisch-Sprachkurs. Gute Stimmung, und obwohl dieser online war, haben alle mitgemacht und die Grundlagen gelernt.

Wie hoch waren die Lebenshaltungskosten? Welche Freizeit- und Sportangebote hast du genutzt?

F¨¹r mein WG-Zimmer mit Nebenkosten habe ich etwa 600 Euro gezahlt und f¨¹r Lebensmittel nochmal circa 250 Euro monatlich ausgegeben. Der Sprachkurs hatte einmalig 100 Euro gekostet. Zudem gibt es von der Uni verschiedene Sportangebote, die auf einer neuen Sportanlage stattfinden. F¨¹r das Fitnessstudio habe ich um die 25 Euro monatlich bezahlt. W?hrend des Semesters kamen dann auch Kosten f¨¹r Modelle und Drucke hinzu. F¨¹r Ausfl¨¹ge, eigene Anschaffungen, Einrichtungen oder Ausgehen und Feiern musste man dann schauen, was ¨¹brig blieb.

Aber r¨¹ckblickend h?tte ich wirklich mehr f¨¹r Ausfl¨¹ge sparen sollen. Ich dachte von Anfang an, dass, wenn ich schon f¨¹r so einen langen Zeitraum in Italien bin, ich auch unbedingt nach Rom m?chte. Diesen Wunsch habe ich mir auch erf¨¹llt, aber es gibt auch so viele sch?ne, kleinere Orte und St?dte, die auch viel n?her an Mailand liegen, von denen ich gerne mehr h?tte erleben wollen. Auch manche Museen sind nicht unbedingt g¨¹nstig, da lohnt es, sich vorher ein bisschen schlau zu machen. Zum Beispiel Da Vincis Abendmahl in der Santa Maria delle Grazie kann man zwar schon ab 2 Euro buchen, sollte sich aber einen Monat im Voraus darum k¨¹mmern, weil ein kurzfristiger Besuch nicht m?glich ist. Aber die Auswahl an Museen ist so riesig, dass ich da auch fast alle zwei Wochen ein anderes besucht habe.

Fazit und Tipps

Insgesamt waren die sechs Monate in Italien unfassbar sch?n und ich werde diese Zeit f¨¹r immer in Erinnerung behalten. 

Mailand ist eine sehr kompakte Gro?stadt, in der das Leben auf der Stra?e stattfindet. Nagelstudio neben Werkstatt und Metzgerei neben Boutique, Tradition und eingesessenes B¨¹rgertum trifft auf junge Kunst- und Modeszene. Fashion Week, zwei Champions League Vereine im noch bestehenden San Siro, Alpenraum und Seenlandschaften im Norden, Mittelmeer im S¨¹den, Architekturgeschichte in der ganzen Stadt, junges und internationales Publikum, gerade an den mehreren Universit?ten. Klingt alles sehr aufgeladen, ist es auch. Die Stadt und Leute wissen das auch und wissen diesen Stil zu pflegen.

Aber ich hatte eine richtig sch?ne Zeit und das alles auch mal so aufzusaugen und auch in eine anders orientierte Lehre einzutauchen, Italienisch (zumindest in Ans?tzen) zu lernen, sich mit so vielen neuen Menschen auszutauschen ¨C ja, nicht nur internationalen ¨C das werde ich nie vergessen. Ich w¨¹rde es wieder machen! 

Tipp: Checkt sofort zu Beginn die Kursauswahl und Stundenpl?ne, lernt im Voraus Italienisch und traut euch, es auch vor Ort anzuwenden. Beantragt vielleicht im Voraus schon den Codice Fiscale (die italienische Steuernummer), die man f¨¹r Monatstickets f¨¹r ?PNV und sonstiges braucht.